`Kleinbasels Kino-Vergangenheit lässt sich bestens mit der Gattung ,Revolverküche’ umschreiben.
In ferner Vergangenheit hatte es nur einen Versuch gegeben, mit etwas angehobeneren
Filmen zu reüssieren. Das war das Apollo in der Rebgasse, gleich neben
dem Pfarrhaus der Theodors-Gemeinde, in einem Hinterhof gelegen und nach wenigen
Jahren unhaltbar geworden. Am konsequentesten verhielt sich das alte Klara,
damals
ein oberirdisches Kino mit kleinem Balkon am Claragraben. Hier war der Western
Trumpf, und alles, was Tom Mix, Hot Gibson, Richard Talmadge und später
dann John Wayne hiess, drosch, hieb, ritt und schoss aufeinander los. Und dann
die beiden
grossen Leinwandflächen, das Wittlin, später Odeon in der Greifengasse
und das Palace in der Rebgasse. Im Odeon war es jahrelang unmöglich, von
Edgar Wallace nicht gefesselt zu sein. In beiden Kinos kamen je nach Umständen
dann die Filme der Gattung ,Werwolf in London’, ’Die gelben
Krallen des Doktor Fu Manschau’ sowie ,Dracula mit seinen Fledermäusen’ punkt
Mitternacht zur Geltung. Was die Schauer-Fabriken bis hin zum Sado-Maso-Streifen
nach Fliessbandprinzip herauswürgten, lief durch die Jahrzehnte in diesen
beiden Gross-Kinos ab. Das Maxim, schräg gegenüber vom Odeon in der
Greifengasse, hatte ein leicht differenzierteres Angebot. Hier bekam man auch
das Melodram, auch europäischer Prägung, zu sehen. Die Kleinbasler
Kino-Landschaft war für ein ganz spezielles Publikum gedacht. Für
den Lehrling, der vom Velo steigt. Für den Arbeiter zwischen zwei Glas
Bier abends nach dem Krampf. Für Jünglinge mit Bibeli im Gesicht
auf der Suche nach dem ganz grossen Abenteuer. Für das rasche Liebespaar,
das ohne Risiko einen Abend mit Gänsehaut verbringen möchte`
(Revolverküche-Ofen aus)
Alpha BaZ vom 5.9.1985
|
 |
|
Foto Peter Heman |
Zwei für eins: Was uns die Werbefritzen der Discount-Lädelis als
ultramodernen Verkaufs-Hit verkaufen wollen, war früher in der Kinobranche
gang und gäbe. Doch diese löbliche, weil geldsackfreundliche Tradition
wird heute nur noch im Kleinbasler Kino Union hochgehalten. Für sechs Schtutz
gibts dort gleich zwei normale Kinofilme. Selbst wer sich an der Bar noch ein
Wurstbrot (auf gut deutsch:Hot Dog) holt, kommt hier billiger zu seinem Kinospass
als in gewissen spannteppichbeklebten Lichtspieltheatern. Natürlich dröhnen
nicht gerade Kung Fus letzte Schrei duch die Lautsprecher. Die Action-Filme haben
schon ein paar Jährchen auf dem Zelluloid. Auch Kritiken finden sich keine
in den Zeitungen: die Kommentare liefert sich das Publikum grad selber. Übrigens:
Neben Schenkelklopfen, Pfeifen und Ausrufen ist im Kinosaal auch das Rauchen,
Mampfen und Saufen gestattet. Verbotstafeln wurden bisher keine gesichtet. Übrigens
2: Es wird ab 3 Uhr nachmittags durchgespielt. ,Bahnhofuhren’ am Eingang
zeigen, wann die einzelnen Filme anlaufen. Übrigens 3: An Wochenenden fährt
die Kleinbasler Szene mächtig ein. Dann steigt die Stimmung, doch die 270
(gelegentlich mal defekten) Sessel werden zur Mangelware`
(Kung Fus letzte Schreie) Martin Brodbeck ,Freii
Sicht uff Basel’ 1982
 |
|
 |
mit freundlicher Genehmigung Foto Peter Armbruster |
|
Fotoarchiv Hoffmann/ Copyright Staatsarchiv Basel |
`Einst pfiffen hier die blauen Bohnen, knallten harte Männerfäuste,
und die Eisenbahnzüge, die man entgleisen, in die Luft gehen, überfallen
werden sehen konnte, gingen in die Hunderte. Das klickende Spannen der Revolverhähne,
das dumpfe Getrappel anrückender Horden, und natürlich das Lärmen
der Zechbrüder im Saloon, das alles wiederholte sich, Woche um Woche, zwölf
Jahre lang, in allen Variationen, Farben und Stories: im Kino Palace an der Unteren
Rebgasse. Die lapidaren Dialoge, markigen Flüche und sonoren Kommentare
aus den Lautsprecherboxen des Lichtspieltheaters waren freilich nicht im Yankee-Original
gehalten, sondern in melodiösem Italinisch, Konzession an ein Publikum,
das es in Basel jetzt nicht mehr gibt. Für Peter Walch, Herr über die
Basler Kinos Plaza, Hollywood und Palace, Anlass, im Kleinbasel die Notbremse
zu ziehen: seit der Fremdarbeiter-Stopp die Zahl der Lateiner im Lande zusehends
verringert, schrumpft die Nachfrage nach echten und unechten Italo-Western dem
Nullpunkt entgegen. Direkte Auswirkung auf dem Kino Palace: Leinwandflimmern
vor leeren Reihen, seit Jahr und Tag`
(Nouveau Niveau- Das Palace an der Unteren Rebgasse wird derzeit umgebaut und
soll ab Ostern unter dem neuen Namen Abc, statt wie bisher Italo-Western, Streifen
für gehobenere Ansprüche und Studiofilme bieten) Gérard Wirtz
Basler Nachrichten vom 23.12.1976
AMERICAN BIOGRAPH
Clarastrasse 38
11.6.1910-1919 440 Plätze im Saalbau für Variétévorstellungen des Hotel ,Basler
Hof’
1912-1914 Fata Morgana AG(Familie Rosenthal)-Neubau Polizeikaserne
APOLLO/KAMERA
Obere Rebgasse 28
3.10.1927-1938
620 Plätze im Hinterhof eines Wohnhauses(Architekt J.FR. Behrens)
seit 1931 als Cinéma Kamera
Umnutzung Eisenwarenlager
ORIENT
Klingentalstrasse 79
1964 Neubau Wohnungen,Restaurant,Kegelbahn+Kino mit
420 Plätzen(Architekt Max Bürgin) durch Einsprachen bekämpft
konnte der Kinobetrieb nicht aufgenommen werden-zeitweilig als Theater
und Rock'n Roll-Schule benutzt-seit 25.9.1989 das Häbse-Theater
PALACE/ABC
Untere Rebgasse 10
15.12.1927 im Fabrikgebäude der Färberei Schetty als Kino mit
Variété mit ca. 1500 Plätzen(zuletzt 886 und 841;Architekt
Hans Bernoulli)-1951 Umbau Aufstockung Wohnhaus(Architekt Marcus Diener)-Betreiber
seit 1939 Familie Walch-letzter Spieltag 8.6.1975-Verkleinerung zum Studiokino
ABC mit 349 Plätzen durch Einbau in Balkon 13.4.1977-letzter Spieltag
21.6.1981-Umnutzung Pick Pay+Migros
WITTLIN/ODEON
Greifengasse 5/Sägergässlein 6
8.4.1921-1929 als Cinéma Wittlin mit Variété(Erbauer+Besitzer[bis 1943]war Emil Wittlin,der den Betrieb verpachtete)-Wohn-+Geschäftsneubau mit Kino(Architekt Hermann Neukomm)mit ca. 900 Plätzen-Umbauten 1936,1947(Architekt Marcus Diener)+1955(Architekt Werner Gantenbein)ca. 700 Plätze-Betreiber Rudolf Rosenthal(Cinégraphe AG),(ca. seit 1941)Familie Ceppi-letzter Spieltag 31.12.1982-Umnutzung Möbel Pfister(heute Thalia Bücher)

Odeon Umbau 30er Jahre |
|
|
| | UNION
Klybeckstrasse 64
24.11.1922-13.3.1988 400/470/300 Plätze(diverse Umbauten)-Betreiber
Max Gass+(seit 1949)Willi Fromer-als ,Neues Kino’ besetzt durch
die Bewegung um die Alte Stadtgärtnerei 1988-89(polizeiliche Räumung)-Wohn-+Geschäftsneubau
Basler Kantonalbank
FATA MORGANA/KLARA/CLARA
Claragraben 64+Ecke Claragraben/Clarastrasse 2 (seit 1970)
1908-1914 (Verkauf an J. Engel und neu als Klara)als Fata Morgana Kleinbasel(Fata Morgana AG Familie Rosenthal)mit 300 Plätzen
in umgebauten Rossställen neben Wirtschaft ,Löwenbräu’/Bierhalle
St. Klara
Totalumbau 1928(Tonfilm!/Architekten Franz Bräuning+Hans Leu)
307 Plätze-letzter Spieltag 3.1.1968-Besitzer Karl Huber& Co.
Revolverküche mit Doppelprogramm-Wiedereröffnung als Cinéma Clara im Clara-Neubau 5.9.1970 im Souterrain mit 350 Plätzen-Sexkino ca. seit 1971-letzter Spieltag 11.8.1985
seit 1985 als Cinéma Movie (siehe Studiokinos)
GREIFEN/ORIENT/MAXIM
Greifengasse 18+Rebgasse 1 (seit 1963)
29.10.1910-1923 als Greifen-Kinematograph in einem Wohnneubau mit Kino(Umgestaltung 1932/33)-bis 1928 als Cinéma Orient-Totalrenovation 1948(363 Plätze)-Abbruch 1964(Neubau Bankverein)-7.12.1963 Domizilverlegung UG Gewerkschaftshaus Rebgasse (Architekt Hans Baumann)mit 302 Plätzen-Betreiber Emil Kobi (1929-1958)+(seit Domizilverlegung)Wilhelm Siegrist-letzter Spieltag Ende November 1976-seit 1977 als Cinéma Camera(siehe
Studiokinos)
|
`Nachdem wir in den letzten
Wochen durch Beobachtungen des Maximkinos festgestellt haben, dass eine
Kontrolle der Jugendlichen, die
in ihrem Kino Einlass fordern, zu wenig oder gar nicht durchgeführt
wird, haben wir am 9. April 1951 in Verbindung mit der Jugendanwaltschaft
ihr Etablissement neuerdings während zweieinhalb Stunden überwacht
und dabei bemerkt, dass eine grössere Anzahl Jugendlicher Einlass
gefunden hat, ohne dass sie befragt worden wären, ob sie das 16. Altersjahr
erreicht hätten, geschweige denn einen Ausweis vorzeigen oder einen
Kontrollzettel ausfüllen mussten (…)
Beim Austritt aus
dem Kino haben wir um 17 00 Uhr sieben Jugendliche ermittelt, die das 16.Altersjahr
noch
nicht erreicht hatten (…)
Dabei sind wir ganz sicher, dass wir nicht alle Jugendlichen unter 16
Jahren ermittelt haben, weil es ganz unmöglich war, alle Jünglinge
im Gedränge zu stellen und weil noch weitere Jugendliche im Kino
sassen, die erst nach 15 00 Uhr das Kino betreten haben, und wir die
bereits begonnene zweite Vorstellung nicht stören wollten`
Polizeiakte
Cinéma Maxim vom 12.4.1951 - Staatsarchiv Basel-Stadt
 |

Palace 30er Jahre |

Video Kills the Radio Star |
|
`Mit rauchenden Colts, männlich
mahlenden Kiefern und dumpfem Pferdegetrampel, einmal so, einmal anders
arrangiert, stets aber aktionsgetragen, hatte die Rebgasse, als die wirtschaftliche
Konjunktur noch unter Volldampf stand, Süd- und Mittelitaliens Lavoratori
in Schweizerischen Diensten nach Feierabend gelockt: das Kino Maxim, Dreihundertplätzer
im Gewerkschaftshaus, brachte sich so, während Basels meiste Lichtspieltheater
längst vor dem Phänomen eines unheimlichen Besucherschwundes
standen, in Gesellschaft anderer ehemaliger Quartierkinos, mit Ach und
Krach über die Runden. Die Italiener, mangels würdiger Alternativen
im hiesigen Unterhaltungsangebot ihres Kulturkreises, zeigten sich als
gute, recht anspruchslose Kunden. Jetzt, da allein in Basel an die tausend
Schweizer und niederlassungsberechtigte Ausländer stempeln gehen müssen,
bleiben auch im Kino Maxim die Kunden aus (...) Pächter Willy Siegrist,
der im Hochhaus an der Heuwaage gleichzeitig ein Geschäft für
antike Uhren betreibt, zog sich daher von der wenig lukrativ gewordenen
Szene zurück`
(Cinémaximum? Abschied von der Revolverküche) Gérard
Wirtz Basler Nachrichten 27. Juli 1976

Wittlin/Odeon 20er Jahre - Nachlass Frieda Rosenthal, zVg Paul Meier-Kern |
 |
|
La dernière scéance (von
Eddy Mitchell)  |
 |
La lumièr' revient déjà
Et le film est terminé
Je réveille mon voisin
Il dort comme un nouveau-né
Je relèv' mon strapontin
J'ai une envie de bailler
C'était la dernièr' séquence
C'était la dernière séance
Et le rideau sur l'écran est tombé
La photo sur le mot fin
Peut fair' sourire ou pleurer
Mais je connais le destin
D'un cinéma de quartier
Il finira en garage
En building supermarché
Il n'a plus aucune chance
C'était sa dernière séance
Et le rideau sur l'écran est tombé
|
 |
{Refrain1:}
Bye Bye les héros que j'aimais
L'entr' acte es terminé
Bye Bye rendez-vous à jamais
Mes chocolats glacés, glacés
J'allais rue des solitaires
A l'école de mon quartier
A cinq heures j'étais sorti
Mon père venait me chercher
On voyait Gary Cooper
Qui défendait l'opprimé
C'était vraiment bien l'enfance
Mais c'est la dernière séquence
Et le rideau sur l'écran est tombé
|
 |
{Refrain2:}
Bye bye les fill's qui tremblaient
Pour les jeunes premiers
Bye bye Rendez-vous à jamais
Mes chocolats glacés, glacés.
La lumière s'éteint déjà
La salle est vide à pleurer
Mon voisin détend ses bras
Il s'en va boire un café
Un vieux pleure dans un coin
Son cinéma est ferm,
C'était sa dernière séquence
C'était sa dernière séance
Et le rideau sur l'écran est tombé
|